Edmund Cardoni

BRYON

Bryon hat ein glattes Verständnis seiner selbst, das die meisten Frauen unwiderstehlich finden. Mit beträchtlicher Glätte versteht er ein Selbst, dem die meisten Frauen nur schwer widerstehen können. Sie stellen fest, daß sie es nicht schaffen, seinem Selbstverständnis zu widerstehen, diesem anderen, das sie so unwiderstehlich finden, und daß sie der Glätte dieses Verständnisses sogar noch weniger widerstehen können. Bryon versteht die unwiderstehliche Anziehungskraft seiner Glätte auf sie, und das Verständnis, mit dem die meisten Frauen dieser Anziehungskraft zu widerstehen suchen, zieht ihn unwiderstehlich an. Er versteht auch die unwiderstehliche Anziehungskraft, die sein Verständnis, und sei es noch so glatt, auf sie ausübt, und wird noch weit mehr von der Glätte angezogen, mit der die meisten Frauen dies zu verbergen suchen. Die meisten Frauen halten ihr Verständnis seiner Glätte in sich selbst für einen feineren Charakterzug als die Glätte, die sie in ihm sehen, doch halten sie ihre Unfähigkeit, seiner Glätte zu widerstehen, für weniger fein als sein Verständnis. Er hält sein Verständnis für glatt und jedes Verständnis seines Verständnisses für unbegründet, doch ist die Glätte des Widerstandes gegen seine Glätte für ihn unwiderstehlich. Seine Glätte ist dem Verständnis der meisten Frauen ebenbürtig, sein Verständnis dem der Glätte der meisten Frauen, während sein glattes Verständnis der Widerstandskraft der meisten Frauen mehr als ebenbürtig ist.

Bryon widersteht jedem glatten Verständnis des Teils von ihm, der nicht glatt ist. Frauen in ihrer Glätte finden diesen Teil von ihm unwiderstehlich und finden in ihrem Verständnis seinen Widerstand verständlich. Solange sie diesen Widerstand als glatten Widerstand verstehen, finden sie den Widerstand unwiderstehlich. Sobald jedoch sein Widerstand als bloßes Verständnis verstanden wird, finden sie ihn lediglich verständlich und nicht mehr unwiderstehlich. Und Bryon versteht dies, zunächst auf unglatte, dann jedoch fast sofort wieder auf glatte Weise. Da damit seine Glätte wieder hergestellt ist, finden sie ihn aufs Neue unwiderstehlich.

Es ist jedoch nicht so einfach, wie es den Anschein haben könnte.

Denn da ist natürlich noch das glatte Verständnis der meisten Frauen von sich selbst zu berücksichtigen. Bryon versteht diese Glätte als eine falsche Glätte, die ein echtes, dabei jedoch widerstehliches Verständnis verbirgt. Nicht nur ihre eigene, sondern auch seine Glätte widersteht nicht nur seinem, sondern auch ihrem Verständnis. Widersteht ihm in dem Sinne, daß es sich ihm entzieht, und auch in dem Sinne, daß es es unattraktiv findet oder, falls doch in einem bestimmten Sinne attraktiv, dann nur auf widerstehliche Weise. Idealerweise trifft Glätte auf Glätte und Verständnis auf Verständnis, oder Glätte stellt sich Glätte und Verständnis sondiert die Tiefen des Verständnisses; ist dies nicht der Fall, so widersteht Glätte Glätte und Verständnis entzieht sich Verständnis. Häufiger jedoch tendiert Glätte dazu, sich Verständnis zu widersetzen, Verständnis schafft es nicht, in Glätte einzudringen, und Glätte findet daher Verständnis widerstehlich. Selbstverständlich sind dies verschiedene Darstellungsmöglichkeiten ein und desselben Sachverhaltes. Aus einem solchen glatten Verständnis – ob nun der Glätte oder des Verständnisses – folgt, daß Glätte Verständnis wird und Verständnis Glätte. Dies versteht Bryon. Es ist ein Teil der Glätte, die sein Selbstverständnis erst ermöglicht.

Übersetzung von Johannes Beilharz

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