Quickshot - Schnellschuss vom 4.7.2000 | Quickshot-Index
Parabel von den kleinen Rädchen im Getriebe der Macht
Deutscher Titel: Der Geheimagent

Originaltitel: The Secret Agent

Jahr der Veröffentlichung: 1996

Regie: Christopher Hampton

Literarische Vorlage: The Secret Agent, Roman von Joseph Conrad (1857-1924), erschienen 1907

Darsteller: Bob Hoskins, Patricia Arquette, Christian Bale, Robin Williams, Gérard Dépardieu u.a.

Musik: Philip Glass

Filmszene mit Christian Bale, Bob Hoskins und Patricia Arquette

Erhältlich sind Video und Soundtrack z.B. bei jpc oder Amazon.

 

Zeitlicher und historischer Rahmen: London zu Anfang dieses Jahrhunderts, Kreise ausländischer Anarchisten und Terroristen, die sowohl von der zaristischen als auch der britischen Regierung überwacht werden.

In dieser trüben Umgebung betreibt Adolf Verloc (Hoskins) mit seiner Frau (Arquette) einen Pornoladen. Der eigentliche Job Verlocs besteht jedoch darin, im Auftrag der russischen Regierung die von ihm infiltrierten Anarchistenkreise auszuspionieren. Unter dem Druck von Scotland Yard fungiert er außerdem als Polizeispitzel. Im Auftrag des russischen Geheimdienstes soll Verloc versuchen, das Observatorium von Greenwich in die Luft zu sprengen. Hierzu setzt er seinen etwas geistig zurückgebliebenen und verhaltensgestörten Schwager Stevie (Bale) ein, der dabei ums Leben kommt. Verloc wird daraufhin von seiner Frau erstochen, die ihn nur geheiratet hat, um ihrem Bruder ein sicheres Zuhause zu garantieren.

Dieser Film zeichnet sich aus durch Treue zur literarischen Vorlage, atmosphärische Dichte, die gelungene Musik von Philip Glass und rundum hervorragende schauspielerische Leistungen, u.a. auch von einem schlanken (!), jung wirkenden Dépardieu und einem meisterhaft nihilistischen Robin Williams.

In den meisten englischsprachigen Kritiken wird der Film als langweilig und undramatisch abgetan. Einige Kritiker halten zudem die frühere, vom Original weiter entfernte Verfilmung Sabotage von Alfred Hitchcock für gelungener. Hierbei wird jedoch völlig außer Acht gelassen, dass Conrads Roman - genau wie dieser Film - kein Spionagethriller ist, sondern eine beklemmende Studie menschlicher und moralischer Verstrickungen und Zwänge.

Fazit: Wer auf Grund des Titels einen Spionagefilm erwartet, wird enttäuscht. Wer ernste Filme vor historischem Hintergrund schätzt, kommt voll auf seine Kosten.