Quickshot - Schnellschuss vom 10.08.2001 Quickshot-Index
    

Die Stimme Brasiliens ist verstummt

Jorge Amado gestorben / Wiederholt Kandidat für den Literaturnobelpreis

Von Peter Muello (ap)

Rio de Janeiro. Der erfolgreiche brasilianische Schriftsteller Jorge Amado ist tot. Er starb am Montagabend vier Tage vor seinem 89. Geburtstag. Wie ein Sprecher des Aliança-Hospitals in Salvador da Bahia mitteilte, war Amado erst wenige Stunden zuvor eingeliefert worden. In den Vergangenen Jahren war Amados Gesundheit stark angegriffen, er litt unter anderem an Diabetes. Amado galt als sozial engagierter Autor und wurde immer wieder als Kandidat für den Literaturnobelpreis gehandelt.

Geboren wurde Amado im Jahr 1912 auf einer Kakaoplantage im brasilianischen Staat Bahia. Er besuchte eine Jesuitenschule und begann bereits im Alter von 15 Jahren, für eine Zeitung zu schreiben. Sein erster Roman, »O Pais do Carnaval«, erschien 1931, als er gerade 19 war. Einen seiner größten Erfolge feierte er 1958 mit »Gabriela wie Zimt und Nelken«. Dieser Roman wurde später mit Sofia Braga und Marcello Mastroianni verfilmt. Die Verfilmung von »Dona Flor und ihre zwei Ehemänner« (1966) war die erfolgreichste brasilianische Kinoproduktion in den USA. Außerdem basierte eine Fernsehserie darauf, eine Musicalversion lief am Broadway. Amados 32 Bücher wurden in 48 Sprachen übersetzt.

Der Gegensatz zwischen Arm und Reich war das beherrschende Thema von Amados frühen Werken. »Ich habe das Drama der Urwalderoberung miterlebt, die Stimme der Advokaten in den unverschämten Prozessen der Großgrundbesitzer gehört. Als Kind wurde ich vom Blut meines Vaters überströmt, der aus dem Hinterhalt erschossen wurde«, erinnerte er sich. Amado wurde überzeugter Kommunist, verbrachte einige Zeit im Gefängnis. Zwei Mal musste er ins Exil gehen, lebte zeitweilig in Frankreich und schloss dort Freundschaft mit Jean-Paul Sartre, Bertolt Brecht und Anna Seghers.

Mitte der fünfziger Jahre kehrte Amado dem Kommunismus den Rücken - desillusioniert von den Enthüllungen über die Verbrechen Stalins. »Ich habe herausgefunden, dass ich den Menschen als Schriftsteller nützlicher sein kann, als wenn ich meine Zeit mit Politik verbringe«, sagte er. Seine Werke wurden leichter und humorvoller. Kritiker warfen ihm vor, die Armut zu romantisieren - ein Vorwurf, den Amado immer strikt von sich wies.

Als seine Lieblingsschriftsteller bezeichnete er Mark Twain und Charles Dickens. Deren lebendiger Stil war auch für Amado vorbildlich. »So wie die Werke dieser Schriftsteller sind auch meine Bücher voll mit dem Geruch, dem Geschmack und dem Blut meines Landes«, sagte er. Und weiter: »Ich bin kein James Joyce. In meinen Büchern gewinnt das Volk. Meine Botschaft ist Hoffnung, nicht Verzweiflung.«

Amado, der in seiner Freizeit gerne pokerte und sich mit Katzen beschäftigte, war seit 1945 mit Zelia Gattai verheiratet. Das Paar hatte einen Sohn und eine Tochter.

Dieser Artikel erschien am 8. August 2001 im Schwarzwälder Boten.

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