Unterhaltung
Ein Gedicht und ich trinken was im Café und es beschwert sich
dass sein Himmel nicht so blau, sein Fluss nicht so klar ist, dass
ihm jemand die Liebste abspenstig gemacht hat und die Leute es nicht
mehr als Liebesgedicht betrachten, sondern als Regengedicht. Und bist
du frei? – frage ich das Gedicht, nur um die Unterhaltung fortzusetzen.
Freiheit! Wer hat dafür heute noch Verwendung? Ich dachte, Freiheit
wäre das Land der Poeten, doch stellte es sich als Lüge, Legende,
Mythos heraus – so etwas wie Atlantis. Jeder redet davon, keiner
hat’s je gesehen.
Die Geschichte des Lebens
Keine Angst, die Erde dreht sich. Jeder wird an seinem Platz
sitzen. Für jeden Hut gibt es einen Haken. Für jeden Hintern einen
bequemen Stuhl. Seid glücklich und küsst euch. Die Hungrigen
werden Brot sehen, die Durstigen Wasser finden, die Traurigen die
Freude entdecken. Doch, meine Herren, vergesst nicht die Dame Tod.
Auch sie will bei uns sitzen. Fühlt sich wohl unter Leuten. Hat
die Fähigkeit, zu vereinen und zu trennen mit Tränen, Schmerz und
Staub.
Die Geschichte des Lebens ist kurz. Jahrtausende sind dafür
Zeugnis.
Dreizehn Küsse
In jener Nacht kam ich nur bis zum siebten. Im Raum klingt immer
noch ihr kurzes Leben nach. Der erste war gewagt, wie unser Treffen.
Der zweite wild, wie ein Schrei zur rettenden Küste. Der dritte, der
vierte, der fünfte badeten in der Glückseligkeit des Glücks, in der
man sich verliert. Der sechste war behutsam, war vielleicht nur
Traum. Der siebte – du warst es, die ihn wollte, aber es wurde
bereits hell und er verlor seine Konturen. Die anderen, die schicke
ich dir auf dem Fluss.
Wenn du am Ufer gehst, wird dir der sonnige Morgen ein weißes Kleid
zutragen. Die Bäume werden singen, du wirst in Erinnerung leicht
lächeln. Indem du die Hände ins Wasser tauchst. Genau in diesem
Augenblick werden sie kommen, die anderen, und du wirst dich
glücklich fühlen, genau wie ich.
Ich werde niemand sagen, dass ich sie geschickt habe. Du wirst
nicht verstehen, dass du sie erhalten hast, die Welt wird von ihnen
nichts wissen, weil sie wie eine göttliche Nachricht sein werden.
Unsichtbar, lautlos, von der Strömung hergetragen.
Übertragung ins Deutsche mit freundlicher Genehmigung von Sascho
Serafimov. Copyright © 2013 Sascho Serafimov und Johannes Beilharz.
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