Johannes Beilharz

Gedichte zu Pianoimprovisationen nach Claude Debussy und Einojuhani Rautavaara

Inhalt

Der Mond sinkt hinter einer Tempelruine hinab
Les poissons d'or
Rautavaara der Mystiker

Bemerkung des Autors

    

Der Mond sinkt hinter einer Tempelruine hinab

   

Zu Debussys »Et la lune descend sur le temple qui fut«

   

Geköpfte Säulen
Umgestürzte Säulen
Gefallene Kapitelle

wo einst geschäftiges Treiben herrschte

Zeus, Artemis, Hermes, Hera, Aphrodite, Apoll wohnten hier und wurden besucht, beschworen, verflucht

Heute Efeugewucher, Gebrösel, Schutt

Und ein paar Wanderer, die an diesen verlassenen Ort kommen und zuschauen, wie der Mond rot zwischen abgebrochenen Säulen hinabsinkt

an diesem Ort, an dem die Götter noch immer wohnen

   

   

Les poissons d'or

   

Eine Improvisation nach Debussy

   

Es sind eher Silberfische die da schwimmen
                                                  in meinem Teich

Gold rankt sich den Tag
                                           hinauf

                                   Wasserdunst steigt wolkig auf

Wasser füllt glucksend meinen Teich

Etwas Metallenes in diesen Fischesleibern

Mit schnellem Flossenschlag

                    Sie stammen aus fernen Ländern
                    von denen in ihren schwarzen
                    flachen Pupillen nichts steht

Mit Flossenschlag blitzartige Verlagerung

Ich strecke die Finger in das Wasser hinein

Wird mich einer dieser Leiber streifen

Das Wasser ist transparentes Messing

                                     Gold rankt sich den Tag
hinauf

                    Wasser füllt glucksend meinen Teich

                                Wasserdunst steigt wolkig auf

                                                              Langsame
Luftblasen aus den Mündern der Fische

Geduldiges Kiemenklappen

                                           Es regnet auf meinen Teich

Tropfen                 Tropfen
                Kreise                   Kreise

Wie das von unten aussehn mag

                         Es ist ein milder Frühlingstag

            Das Wasser ist lau

Die Regentropfen sind lau

           Die Fische sind lau gelaunt

                             Ruhen unter Tropfen
                             Ruhen unter Kreisen

                Regen                  Regen
                           langsam lau

                                                             auf meinen Teich

   

   

Rautavaara der Mystiker

   

                                             KOMPOSITION HÄNGT IM ALL

                       MUSS NUR EINGEFANGEN WERDEN

     

                                                                                 WOLKEN

        GETÖSE          DONNER            GROLLEN

                                                                       PIANOROLLEN

                                   FLÜGELSCHMETTERN

   

                  SCHALL               WELLE

                                                       SANFTES WIEGEN

   

                            DER MYSTIKER RICHTET SEINE ANTENNE

   

   

Copyright © Johannes Beilharz 2004

Dieses Gedicht wurde in der Literaturzeitschrift plumbum veröffentlicht (Nr. 4, Herbst 2004).

    

Bemerkung des Autors

Diese Gedichte schrieb ich im Vorfeld der Vernissage einer Kunstausstellung in der Fischermühle bei Rosenfeld (Zollern-Alb-Kreis) im Juni 2004.

Mein Sohn Johannes hatte die beiden Stücke von Debussy sowie die Klavierpartitur von Rautavaaras Piano Concerto No. 1 gelegentlich gespielt und sich häufig von ihnen zu Improvisationen inspirieren lassen.

Als er sich dazu bereit erklärte, die Vernissage am Klavier einzuleiten, entwickelten wir zusammen ein Programm, in dessen Verlauf im Mai 2004 die obigen Gedichte zu seinen Improvisationen entstanden.

J. Beilharz, im Mai 2004

   

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