Ganz fromm Obwohl der Mann von ihr nichts wissen will und
ihre Gefühle nicht einmal ahnt, glaubt sie, auch
eine hoffnungslose Liebe könne "ein Ausweg aus
der Umklammerung der Langeweile" sein. So war es, er wollte von ihr nichts wissen, und Aktionen wie ihr Eiskrem kaufen waren nur Negationen ihrer selbst. Am liebsten wäre er ihr auf die Füße getreten, diese adrigen, schmählichen Fische, von denen die schwarzschattigen Strümpfe und schwarzen Schuhe ja überhaupt nichts verbergen, dachte sie, ihren Blick hinabrichtend. Seine Begierde war geheuchelt, ihre schwammigen Brüste konnte der Büstenhalter kaum zusammenpressen, es sah immer dieser Rand am Ausschnitt heraus, ihre spindeligen Beine ... Und glaubt ja nicht, daß ich ausgleichend eine schöne Seele habe! Und doch sehnte sie sich gerade nach einer schönen Seele, nach ehrfürchtig aufschauenden schwarzen Augen, nach einer Schwalbenkehle, die fein taktvolle Bemerkungen machte, nach Händen, die mit leichtem, liebem Druck gaben und für Nehmen sich leicht, sanft abwehrend, spreizten. Füße, die beim Sitzen ungeziert und zart und wohnlich zusammenblieben, Beine, die Grazie besaßen, Brüste, weich, rund und weiß, die nonnenhaft-mütterliche Liebe versprachen. Dass dieser Mann hier bei ihr saß! Sie dachte an die Eiskrem zurück und nahm einen Löffel. Sogar mit Terkel zu Hause gab er sich ab, auch das negativ, er wusch sich doch, wie ihre schiefgerichteten Augen bemerkt hatten, danach immer sorgfältig die Hände, mit einem konzentrierten Blick wie Abscheu vor Hundepelz. Die Küsse unter ihr, das hohnvolle Akzeptieren ihres Speichels mit halbgeschlossenen Augen, sein verwirrtes Wühlen in den Wülsten unter ihren Kleidern, all das Täuschungen, Manöver ... Sie brauchte diese Täuschungen zuallerletzt. Sie stand auf, knickte in den Knien ein, ein Bein war ihr eingeschlafen, sah ihn lange, wehmütig soll es sein, und tröstend, falls das überhaupt notwendig sein könnte, hoffentlich sind meine Augen trotz ihrer Bläue feucht-gerührt, an, hob, kraftlos-graziös, hoffentlich, eine Hand, und verschwand aus dem Leben des Ignaz Huber. Copyright © Johannes Beilharz 1981/2017 Zurück zum Kurzgeschichten-Index |